Risiken gutachterlicher Untersuchungen, welche nur auf rein explorativen Gesprächsergebnissen und Verhaltensbeobachtungen beruhen

Aus methodischen Studien zur Qualität gutachterlicher Untersuchungen wird wiederholt der Nutzen des Einsatzes von standardisierten psychologischen Mess- und Testverfahren kenntlich gemacht. Im Gegensatz zu einer (häufig ersichtlich werdenden) ausschließlich interviewbasierten gutachterlichen Untersuchung wird durch den Einsatz standardisierter Verfahren eine Quantifizierung und auch Validierung psychischer Merkmale erst möglich. Der Einsatz freier Interviewverfahren hingegen, wie dies bei einer reinen auf Gesprächsergebnissen und unstrukturierten Beobachtungen basierenden gutachterlichen Untersuchungen und Einschätzungen eine solche ist, bestehen keine bzw. keine ausreichenden Möglichkeiten, Aussagen zuverlässig und genau sowie systematisch zu erheben bzw. zu überprüfen. D.h., dass die Zuverlässigkeit von Aussagen im freien Interview nicht systematisch überprüft werden kann. Entsprechend lässt sich eine sichere und eindeutige Schlussfolgerung aus einzelnen Gesprächen und Beobachtungen nicht erzielen. Ein freies Interview, d.h. eine unstrukturierte Gesprächssituation oder Verhaltensbeobachtung, ohne dass es zum Einsatz valider psychologischer Test- und Diagnostikverfahren kommt, leistet im Prinzip keine kontrollierte Vorgabe von Fragen, Aufgaben oder Aussagen und vernachlässigt dabei erheblich psychodiagnostische und damit im wesentlichen wissenschaftliche Prinzipien einer validen gutachterlichen Untersuchung. Besonders fraglich erscheint dabei aus fachwissenschaftlicher Sicht vielfach, ob und inwiefern die inhaltlichen Aussagen, die unter den ganz speziellen Kontextbedingungen des Interviewers (Gutachter, Mediziner etc.), formuliert wurden, generalisiert werden können auf Lebens- und Funktionsbereiche außerhalb der Begutachtungssituationen.