LG Saarbrücken (14. Zivilkammer), Urteil vom 17.01.2013 - 14 O 47/10
Berufsunfähigkeitsrente, Berufsunfähigkeitsversicherung, Depression, Erwerbsminderung
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten zwei private Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) mit dynamisierten Monatsrenten in Höhe von jeweils 758,58 € und 700 €, deren Versicherungsbedingungen (CBO 902 und EBO 107) das frühere VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung regeln. Nach langjähriger Tätigkeit im Innendienst und als selbständige Versicherungsagentin erlitt die Klägerin ab Februar 2008 einen Unfall mit anschließender Tinnitusentwicklung und schwerer Depression, was nach eigener Darstellung eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte und sie zur Gewerbeabmeldung am Jahresende 2008 zwang.
Mit Schreiben vom 16.11.2009 erkannte die Beklagte die Berufsunfähigkeit für den Zeitraum 1.12.2008 bis 31.5.2009 an, lehnte aber außerhalb dieses Zeitraums Leistungen ab. Die Klägerin klagte daraufhin auf Nachzahlung von bis dahin nicht ausbezahlten Renten und auf fortgesetzte Rentenzahlung in Höhe von monatlich 700 € bzw. 758,58 € bis zu den vertraglichen Laufzeiten, hilfsweise auf zeitlich unbefristete Leistungsanerkennung.
Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin zumutbar ein Erfüllungsbeweis für eine mindestens 50 %ige Erwerbsminderung geführt hat. Grundlage waren mehrere fachärztliche und psychologische Gutachten, die eine seit Juli 2008 bestehende und bis heute andauernde Einschränkung der zeitlichen Belastbarkeit von über 50 % attestierten. Trotz Schwankungen im Befinden – typisch für das Krankheitsbild – ließen sich keine Anhaltspunkte für Simulation oder Beschwerdeaggravation ableiten. Die Kerntätigkeit der Klägerin im Außendienst mit intensiven Kundenkontakten konnte sie infolge ihrer psychischen und vegetativen Symptome (insbesondere Hyperhidrose und Übermüdung) nicht mehr ausüben.
Demgemäß bejahte das Landgericht einen Anspruch auf rückständige Rentenzahlungen in Höhe von 10.907,68 € sowie auf fortgesetzte Leistungserbringung und Beitragsfreistellung nach §§ 1 Abs. 1, 31 Abs. 3 EBO 902 und EBO 107. Sogar das zeitlich befristete Anerkenntnis der Beklagten war zulässig, da die Versicherungsbedingungen eine solche Befristung vorsehen und diese im konkreten Fall nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt. Ein weitergehender (formaler) Nachprüfungsverfahrenserfordernis bestand nicht. Schließlich sprach das Gericht der Klägerin einen Hinzuschluss von Anwaltskosten in pauschalierter Höhe einer 1,5-Gebühr sowie Zinsen hierauf zu.