Beurteilung der Dienstfähigkeit bei depressiver Erkrankung 

 

Die Versetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne dessen eigenen Antrag stützt sich auf die Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes, namentlich der heutigen § 47 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 BBG (vormals §§ 44 Abs. 2 Sätze 2 und 3, 42 Abs. 1 BBG a.F.). Diese Bestimmungen finden ihre Anwendung auch auf die Bundesbeamten der ehemaligen Deutschen Bundespost, wie sie bei der U AG beschäftigt sind, da § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG eine entsprechende Öffnungsklausel enthält.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Rechtmäßigkeit einer solchen Zurruhesetzung stets auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, gegebenenfalls also schon auf den Widerspruchsbescheid. Entscheidend ist, ob die Behörde nach den ihr damals vorliegenden Erkenntnissen mit hinreichender Sicherheit annehmen durfte, dass der Beamte dauernd dienstunfähig ist (BVerwG, Urt. v. 16. Oktober 1997 – 2 C 7/97 – BVerwGE 105, 267; Beschluss v. 27. November 2008 – 2 B 32/08 – juris).

Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab ist dabei nicht etwa das konkrete Tätigkeitsfeld des Beamten, also der einzelne Dienstposten, sondern die Anforderungen seines abstrakt-funktionellen Amtes. Es geht mithin darum, ob der Betroffene grundsätzlich befähigt bleibt, die typischen dienstlichen Aufgaben seines Amtes zu erfüllen, etwa rasche und sorgfältige Erledigung von Verwaltungsakten, Wahrung der dienstlichen Ordnung oder – ganz wesentlich bei psychischen Erkrankungen – die in seinem Amt erforderliche psychische Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.

Liegt dagegen – wie etwa bei einer depressiven Erkrankung – eine Störung der Stimmung, des Antriebs und der Konzentrationsfähigkeit vor, sind diese Leistungsbeeinträchtigungen auf ihre dauernde Natur hin zu prüfen. Die Dienstunfähigkeit i.S. des BBG wird dann bejaht, wenn wegen des Gesundheitszustandes dauernd nicht mit einer Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit zu rechnen ist, oder bereits innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate dienstunfähig verstrichen sind und keine hinreichende Aussicht auf volle Genesung besteht. In der Praxis wird dieser zweite Fall häufig herangezogen, weil die Prognose schwieriger Fälle – gerade bei chronifizierten depressiven Störungen – selten mit absoluter Gewissheit getroffen werden kann. Entscheidend ist aber stets eine konkrete, nachvollziehbare medizinische Prognose, ob die Symptome so anhaltend sind, dass eine dauerhafte Unfähigkeit zur Amtsausübung anzunehmen ist.

Auf diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 5. Januar 2011 (10 K 4740/10, BeckRS 2013, 53927) hingewiesen: Entscheidend sei der Abgleich von Blick auf die Belastbarkeit, die Entscheidungs- und Konzentrationsfähigkeit, wie sie für das jeweilige Amt erforderlich sind, gegen die Auswirkungen der diagnostizierten Depression. Erst wenn eine dauerhafte Beeinträchtigung vorliegt, die eine zuverlässige Amtsführung unmöglich macht und ein zeitnaher Gesundungsverlauf nicht zu erwarten ist, rechtfertigt dies eine Zurruhesetzung auch gegen den Willen des Beamten.

 

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE 105, 267 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 22; Beschluss vom 27. November 2008 - 2 B 32.08 -, juris. Aus: VG Düsseldorf Urt. v. 5.1.2011 – 10 K 4740/10, BeckRS 2013, 53927