VG Halle (5. Kammer), Urteil vom 24.01.2018 - 5 A 236/17
Entlassung eines Landesbeamten auf Lebenszeit wegen Dienstunfähigkeit
Normenketten:
PersVG LSA § 66 S. 1 Nr. 8, 9, 10
LBG LSA § 34 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, § 35 Abs. 1 S. 3, § 45, § 49, § 50
In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. Januar 2018 (Az. 5 A 236/17) ging es um die Entlassung einer Landesbeamtin auf Lebenszeit aus Sachsen-Anhalt wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit. Die Klägerin, seit 1991 im Landesdienst, hatte sich nach längerem Beurlaubungs-, Mutterschutz- und Erziehungsurlaub ab Februar 2016 erneut dienstunfähig krankgemeldet und seitdem ununterbrochen keine Dienstpflichten mehr erfüllen können.
Gemäß § 26 Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes kann ein Beamter auf Lebenszeit entlassen werden, wenn er innerhalb von sechs Monaten länger als drei Monate krankheitsbedingt dienstunfähig ist und eine Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb weiterer sechs Monate nicht zu erwarten ist. Landesrechtlich konkretisiert diese Regelung § 66 Satz 1 Nummer 8 bis 10 des Personalvertretungsgesetzes (PersVG LSA) und § 34 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit den §§ 35, 45, 49 und 50 des Landesbeamtengesetzes Sachsen-Anhalt (LBG LSA).
Das Gericht betonte zunächst, dass die Beteiligung des Personalrats an der Entlassung auch dann erforderlich ist, wenn das Landespersonalvertretungsgesetz dies nicht ausdrücklich regelt. Eine solche planwidrige Regelungslücke sei durch Analogie zu den vorhandenen Mitbestimmungstatbeständen zu schließen, weil andernfalls erkrankte Lebenszeitbeamte schlechter gestellt würden als Probebeamte. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ihre Mitbestimmungsanfrage fristgerecht gestellt, die Dienstbehörde ließ sie jedoch unberücksichtigt – ein Verfahrensfehler, der den Entlassungsbescheid unwirksam macht.
Zudem genügte die Entlassungsfrist nicht den sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres gemäß § 34 Absatz 3 Nummer 3 LBG LSA. Der Bescheid war am 21. November 2016 zugestellt worden, die Klägerin hätte demnach erst zum 31. März 2017 entlassen werden dürfen, nicht wie verfügt zum 31. Dezember 2016. Hätte man stattdessen die einmonatige Regelentlassungsfrist des § 35 LBG LSA herangezogen, stünde das im Widerspruch zu Art. 33 Absatz 5 des Grundgesetzes, weil damit Probebeamte einen höheren Kündigungsschutz hätten als Lebenszeitbeamte.
Schließlich stellte das Gericht fest, dass zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses kein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes amtsärztliches Gutachten vorlag. Weder die eingereichten ärztlichen Atteste der behandelnden Ärzte noch die Stellungnahme des ärztlichen Gutachterdienstes fielen unter die nach § 49 LBG LSA erforderliche Grundlage für die Beurteilung der Dienstfähigkeit. Ein entsprechendes Gutachten war erst später im Widerspruchsverfahren erstellt worden, doch kann ein nachträgliches Gutachten die Formmängel des ursprünglichen Verfahrens nicht heilen.
Insgesamt führte dies dazu, dass das Gericht den Entlassungsbescheid als formell und materiell rechtswidrig aufhob. Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Entlassung dienstunfähiger Lebenszeitbeamter sowohl die Mitbestimmungspflicht des Personalrats, die gesetzlichen Entlassungsfristen als auch die Erfordernis eines qualifizierten amtsärztlichen Gutachtens exakt zu beachten sind.