LG Leipzig, Urteil vom 27.01.201066 DG 15/09

In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Leipzig (Az. 66 DG 15/09) ging es um die Feststellung der Dienstunfähigkeit einer Richterin am Arbeitsgericht. Die Antragstellerin, eine inzwischen …-Jährige, hatte 1993 ihre richterliche Laufbahn begonnen und war 1995 zur Richterin auf Lebenszeit ernannt worden. Seit dem 23. Januar 2007 befand sie sich fortdauernd krankgeschrieben, nachdem sie infolge einer schweren depressiven Erkrankung nicht mehr ihren Dienst verrichten konnte.

Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes in Verbindung mit § 52 des Sächsischen Beamtengesetzes gilt eine Beamtin als dienstunfähig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate ununterbrochen erkrankt gewesen ist und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb weiterer sechs Monate ihre Dienstfähigkeit vollständig wiedererlangt. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz, dass Beamte auf Lebenszeit nur dann in den Ruhestand versetzt werden dürfen, wenn sie dauerhaft unfähig sind, ihre Dienstpflichten zu erfüllen.

Auf Antrag der Dienstbehörde ließ das Gesundheitsamt ein amtsärztliches Gutachten erstellen. Die Amtsärztin, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, diagnostizierte eine reaktive depressive Symptomatik mit protrahiertem Verlauf, die trotz laufender fachärztlicher Behandlung und Medikamentenbehandlung nicht zur Dienstfähigkeit führte. Eine positive Prognose für eine vollständige Wiederherstellung innerhalb der nächsten sechs Monate sah sie als eher unwahrscheinlich an. Diese Einschätzung bestätigte sie in einer Ergänzungsbegutachtung und in einer weiteren ärztlichen Untersuchung im Mai 2009.

Die Richterin nutzte mehrfach die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme und verwies auf ihre laufende Therapie, äußerte sich aber nicht substantiiert zu der ärztlichen Prognose, sondern zog sich ohne Ankündigung von weiteren Terminen zurück. Die Dienstbehörde beantragte daher beim Dienstgericht für Richter die feststellende Entscheidung, dass die Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung in Erfüllung des §§ 34 Nr. 3 d) Deutsches Richtergesetz i.V.m. § 49 Sächsisches Richtergesetz und § 26 Beamtenstatusgesetz gegeben sind.

Das Dienstgericht folgte dieser Bewertung. Es stellte mit Rechtskraft fest, dass die Richterin wegen ihrer Erkrankung seit mehr als drei Monaten keinen Dienst mehr geleistet hatte und keine Aussicht bestehe, dass sie innerhalb der nächsten sechs Monate wieder voll dienstfähig werde. Damit waren alle Voraussetzungen einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit erfüllt. Die Richterin wurde in den Ruhestand versetzt, ohne dass es einer Unmöglichkeit der Genesung bedurfte; es reichte aus, dass eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht zu erwarten war.

In dieser Entscheidung wird deutlich, dass die Vorschrift über die verlängerte Krankheitsfallfrist (§ 26 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz) nicht vorschreibt, die Dienstfähigkeit müsse im Prognosezeitraum ausschließlich ausgeschlossen sein. Vielmehr genügt, wenn aufgrund konkreter ärztlicher Feststellungen eine begründete Prognose erstellt wird, wonach keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte oder Richter seine Dienstpflichten innerhalb von sechs Monaten wieder vollständig erbringen kann. Dies ermöglicht einen angemessenen Interessenausgleich zwischen dem Bedürfnis der öffentlichen Verwaltung nach einsatzfähigem Personal und dem Schutzbedürfnis erkrankter Beamter vor voreiliger Zurruhesetzung.