Gehirn aus dem Takt
Mit dem Älterwerden verändert sich die nächtliche Abstimmung neuronaler Rhythmen, die für die Gedächtnisbildung im Schlaf entscheidend sind. Unser Gehirn arbeitet auch im Schlaf – vor allem, um tagsüber Erlebtes langfristig im Gedächtnis zu verankern. Dieser Prozess, die sogenannte Konsolidierung, erfordert eine präzise zeitliche Koordination verschiedener neuronaler Aktivitätsmuster.
Besonders wichtig ist das Zusammenspiel von langsamen Wellen im Tiefschlaf und schnellen Schlafspindeln, die in genau abgestimmten Momenten auftreten müssen, damit Informationen aus dem Hippocampus in die Großhirnrinde übertragen und dort dauerhaft gespeichert werden können.
Wenn die Rhythmen nicht mehr ganz passen
Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass ältere Menschen häufiger Erlerntes vergessen als Jüngere. Bei ihnen ist die Kopplung zwischen den langsamen Wellen und den Schlafspindeln weniger präzise – ähnlich wie jemand, der rhythmisch immer leicht „daneben klatscht“. Dadurch wird der optimale Moment für die Gedächtnisbildung verpasst.
Je ungenauer diese Abstimmung, desto geringer die Merkfähigkeit.
Interessanterweise zeigten ältere Personen, die im Gedächtnistest gut abschnitten, eine Kopplung, die der jüngerer Personen ähnelte – was darauf hinweist, dass dieser Rhythmusverlust kein unumkehrbarer Prozess sein muss.
Strukturen, die mit Altern anfälliger werden
Die Forschenden fanden außerdem, dass die Qualität dieser Rhythmen mit der Struktur schlaf- und gedächtnisrelevanter Hirnregionen zusammenhängt – darunter der Hippocampus, der mediale präfrontale Kortex und der Thalamus. Diese Regionen sind besonders sensibel für altersbedingte Veränderungen.
Es liegt nahe, dass Alterung dieser Areale die Fähigkeit des Gehirns beeinträchtigt, neue Inhalte im Schlaf langfristig zu speichern.
Ob die veränderten Schlafmuster Ursache oder Folge struktureller Veränderungen sind, soll in künftigen Langzeitstudien weiter untersucht werden.
Originalpublikation:
Muehlroth, B. E., Sander, M. C., Fandakova, Y., Grandy, T. H., Rasch, B., Shing, Y. L., & Werkle-Bergner, M. (2019). Precise slow oscillation-spindle coupling promotes memory consolidation in younger and older adults. Scientific Reports, 9: 1940. https://doi.org/10.1038/s41598-018-36557-z