Leistungseinstellung in der Berufsunfähigkeitsversicherung: OLG Saarbrücken, Urteil vom 8.2.2017 – 5 U 24/13
Die Klägerin bezog ab Ende 2008 aus zwei privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen der Beklagten Leistungen, nachdem diese mit Schreiben vom 16.11.2009 eine Berufsunfähigkeit zu mindestens 50 % für den Zeitraum 1.12.2008 bis 31.5.2009 angenommen und rückwirkend Leistungen ausgelöst hatte. Eine darüber hinausgehende Anerkennung verweigerte die Beklagte mit dem Hinweis auf gesundheitliche Besserung ab Juni 2009.
Das OLG Saarbrücken hat nun entschieden, dass dieses Anerkenntnis weder wirksam befristet noch durch eine formgerechte Einstellungsmitteilung wieder aufgehoben wurde. Eine einmal angenommene Leistungspflicht kann der Versicherer zwar bei Wegfall der versicherten Berufsunfähigkeit nachprüfen und einstellen, muss den Versicherungsnehmer aber schriftlich und nachvollziehbar darüber unterrichten, inwiefern sich sein Gesundheitszustand gegenüber dem Leistungszeitraum verändert hat (§ 33 IV AVB EBO 902/107). Dieses Erfordernis dient dem Schutz des Vertrauens des Versicherungsnehmers und seiner angemessenen Reaktionsmöglichkeiten.
Das erste Ablehnungsschreiben vom 16.11.2009 enthielt jedoch keine Vergleichsbetrachtung der Befundlage zu Beginn und am Ende des Anerkennungszeitraums, sondern behauptete lediglich eine Besserung, ohne den Nachweis der Wegfallvoraussetzungen zu erbringen. Auch die danach erlassene Einstellungsmitteilung vom 16.12.2009 war zwar formell korrekt, stützte sich aber auf ein Gutachten, in dem trotz gestiegener Allgemeinzustandsnoten eine weiterhin 50 %ige Einschränkung der Kundenkommunikation attestiert wurde – rechtlich korrekt verstanden ein Fortbestand der Berufsunfähigkeit.
Erst mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 23.3.2016 wurde eine den AVB genügende Nachprüfungsentscheidung abgegeben, in der die Befundentwicklung von 2009 zu 2016 gegenübergestellt und der Wegfall der Berufsunfähigkeit hinreichend belegt wurde. Da diese Erklärung einen Monat nach Zugang wirksam wird, endete die Leistungspflicht der Beklagten erst zum 31.5.2016. Bis zu diesem Zeitpunkt schuldet sie weiter Rentenzahlungen; eine Leistungseinstellung bereits zum Mai 2009 war unwirksam.
Schließlich betont das Urteil, dass der Versicherer auf die kooperative und redliche Mitwirkung des Versicherten bei der Fortdauerprüfung angewiesen ist. Wo bewusstseinsnahe Aggravationen die objektive Erfassung des Gesundheitszustands unmöglich machen, kann sich der Versicherte nicht mehr darauf berufen, Berufsunfähigkeit habe von Anfang an bestanden, weil er andernfalls die Beweisführung des Versicherers unbillig abwehrt.