BVerfG, Beschluss vom 24.10.2024 - 1 BvL 10/20
Namensänderung bei Erwachsenenadoption verfassungskonform
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 24. Oktober 2024 (Az. 1 BvL 10/20) auf Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die zwingende Namensänderung Volljähriger bei einer sogenannten „schwachen“ Adoption mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar ist. Anders als noch der BGH hatte angenommen, bedürfe es kein verfassungsrechtliches Ausnahmerecht, das den Volljährigen in die Lage versetzt, unter bestimmten Umständen weiterhin seinen früheren Familiennamen zu führen.
Nach den für alle Adoptionen geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches erhalten auch Volljährige mit ihrer Adoption den Familiennamen der Adoptiveltern als Geburtsnamen (§ 1767 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nur in engen Ausnahmefällen ermöglicht § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Bildung eines Doppelnamens, wenn schwerwiegende Gründe zum Wohl des Adoptierten vorliegen. Dieses System wendet sich mit der Verfassung in Einklang: Zwar greife die Regelung tief in das Identitätsinteresse des Einzelnen ein, der seinen Namen gerade als Ausdruck seiner Persönlichkeit und Kontinuität wahrnimmt. Gerade für Volljährige – die ihren Geburtsnamen oft jahrzehntelang getragen haben und deren frühere Verwandtschaftsbeziehungen weiter bestehen bleiben – sei dieses Kontinuitätsinteresse besonders stark.
Dennoch sei der Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil er dem legitimen Zweck diene, die neu begründete Eltern-Kind-Beziehung durch Adoption nach außen hin sichtbar zu machen. Der Gesetzgeber habe mit dem differenzierten Regelungssystem aus einer Generalklausel und einer engen Ausnahmevorschrift einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Recht am eigenen Namen und dem öffentlichen Interesse an der Namenseinheit in der neuen Familie geschaffen. Dass die Fachgerichte seit Jahren einen weiten Auslegungsmaßstab für die „schwerwiegenden Gründe“ aus § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB anwenden und nahezu jedes nachvollziehbare Fortführungsinteresse als ausreichend einstufen, belege, dass eine verfassungskonforme Handhabung möglich sei.
Auch die namensrechtlichen Belange des Ehepartners und der Kinder des adoptierten Volljährigen seien hinreichend gewahrt. Zwar könne die Adoption den Ehenamen oder die Namenszugehörigkeit der Kinder betreffen, doch habe der Gesetzgeber hierfür schon im Rahmen der Ehenamenswahl und der Übereinstimmungsoptionen der Kinder ausreichende Regelungen geschaffen.
Drei Richterinnen und Richter stimmten in einem Sondervotum nicht mit der Mehrheitsauffassung überein. Dennoch erklärte der Senat die geltende gesetzliche Regelung insgesamt für verfassungskonform – ein Urteil, das den Vorrang der Namenskontinuität zwar anerkennt, letztlich aber doch den sichtbaren Zusammenhalt der neuen Familie als vorrangig bewertet.
BVerfG, Beschluss vom 24.10.2024 - 1 BvL 10/20