OLG Celle, Urteil vom 28.01.2010 - 8 U 184/07
Versicherungsvertrag, Berufsunfähigkeitsvorsorge, Beitragsbefreiung, Depression VVG a.F. §§ 22, 172 I; BUZ §§ 2, 1; BGB § 123
In der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Januar 2010 (Az. 8 U 184/07) ging es um die Frage, ob ein zwischen den Parteien geschlossener Berufsunfähigkeitsvorsorgevertrag unwirksam geworden ist, weil die Beklagte sowohl vom Berufsunfähigkeitsbaustein zurückgetreten als auch den gesamten Vertrag später wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte. Das OLG stellte mit Bindungswirkung klar, dass weder der Rücktritt vom 28.11.2005 noch die Anfechtung vom 27.1.2006 den Versicherungsvertrag aufgelöst haben; vielmehr besteht das Vertragsverhältnis fort.
Der Kläger, ein Unternehmer und Vorstand, hatte zum 1.10.2003 eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatz abgeschlossen, die bei mindestens 50 %iger Berufsunfähigkeit eine Beitragsbefreiung und eine monatliche Rente von 1.500 € vorsieht. Er erwirkte rückständige Rentenzahlungen von insgesamt 21.000 € nebst Verzinsung (jeweils 1.500 € monatlich für 14 Monate) sowie die Rückerstattung von 2.856 € an Prämien und verlangt für die Zeit ab 1.9.2006 die Versetzung in Beitragsbefreiung und Rentenleistung bis max. 30.9.2022.
Das OLG bejahte diese Ansprüche unter Verweis auf §§ 22, 172 VVG a.F. i.V.m. den Besonderen Bedingungen zur Berufsunfähigkeit (BUZ 2003) und lehnte hingegen eine wirksame Anfechtung des Vertrags ab. Zwar hatte die Beklagte geltend gemacht, der Kläger habe Vorerkrankungen – u.a. eine Untersuchung wegen koronarer Beschwerden und eine latente Stoffwechselstörung – verschwiegen und sei damit arglistig. Das Gericht erkannte jedoch an, dass der Kläger den stationären Herzbefund im Antrag nicht verschweigen musste, da er nachträglich darüber nicht mehr informiert worden war. Gleiches galt für den latenten Diabetes, dessen Kenntnis der Kläger nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Ein unterlassener Hinweis auf Schlafstörungen begründete keine Arglist, da ein medizinischer Laie eine solche Störung nicht zwangsläufig auf eine psychische Erkrankung zurückführt.
Auf dieser Basis entschied das OLG, dass die Leistungsanerkennung der Beklagten für die genannten Zeiträume weiterhin wirke und die Beklagte sämtliche rückständigen und künftigen Ansprüche zu erfüllen habe. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.